Die Mittelhochdeutsche Begriffsdatenbank (MHDBDB) gilt seit den frühen 1970er Jahren als wegweisendes Leuchtturmprojekt an der Schnittstelle von älterer deutscher Literaturwissenschaft und Digital Humanities. Verankert am Interdisziplinären Zentrum für Mittelalter- und Frühneuzeitforschung (IZMF) der Universität Salzburg und in enger Kooperation mit Einrichtungen wie dem Institut für Realienkunde des Mittelalters und der Frühneuzeit (IMAREAL), bündelt sie philologische Kompetenz mit moderner Informationstechnologie. Herzstück der Datenbank ist ein onomasiologisch konzipiertes Wörterbuch, dessen hierarchisch organisiertes Begriffssystem jede im Korpus belegte Lemmaform einer präzisen, kontextabhängigen Bedeutung zuordnet. Dadurch lassen sich nicht nur Wort- oder Zeichenketten, sondern ebenso komplexe semantische, narratologische und morpho-syntaktische Fragestellungen untersuchen.
Das zugrunde liegende Referenzkorpus umfasst gegenwärtig rund 10,7 Millionen Tokens aus 666 Editionen unterschiedlichster Gattungen; es deckt den Zeitraum von etwa 1050 bis 1600 ab, spiegelt verschiedene Varietäten und Sprachräume wider und wird als kontrolliertes Monitorkorpus kontinuierlich erweitert. Sämtliche Texte sind linguistisch vorerschlossen – tokenisiert, lemmatisiert, POS-getaggt und partiell disambiguiert – und durch zusätzliche Annotationsebenen wie grammatische Merkmale und reichhaltige Metadaten in ein Linked-Open-Data-Ökosystem eingebettet. Im Zuge einer umfassenden, von CLARIAH-AT geförderten Migration (2016–2023) wurde das System auf eine Graph-Architektur umgestellt, ein neues Web-Frontend (Beta-Phase) implementiert und die Möglichkeiten der facettierten Suchmaschine deutlich erhöht. Zugleich sind sämtliche Volltexte samt semantischen Layern als TEI-XML über GitHub frei zugänglich, sodass Forschende mit geeigneten Tools auch abseits des grafischen Interfaces arbeiten können.
Damit stellt die MHDBDB nicht nur ein einzigartiges Recherche- und Analyseinstrument für die mittelhochdeutsche Lexik dar, sondern fungiert auch als nachhaltige Forschungsinfrastruktur, deren offene Schnittstellen interdisziplinäre Projekte – von der Metaphernforschung über diachrone Varietätenstudien bis hin zur Erstellung digitaler Editionen – maßgeblich unterstützen.
Laufzeit: online seit 1992
Projektleitung: Dr.in Katharina Zeppezauer-Wachauer
Mitarbeiter:innen: Dr. Alan van Beek, Julia Hintersteiner MA
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